Mit Sediment angereicherter Abfluß in einem Vorfluter eines
ackerbaulich intensiv
genutzten Einzugsgebiets im Kraichgau
(Photo: J. Baade)
Ausgehend von der Hypothese, daß Tiefenlinien auf Ackerflächen überproportional
zum Sedimenteintrag in die Fließgewässer beitragen und damit ganz wesentlich für
die Fernwirkungen der Bodenerosion, den Eintrag von Sediment, Nährstoffen und
Agrochemikalien, verantwortlich sind, wurden in einem dreijährigen Geländeexperiment
ausgesuchte Boden- und Gewässerschutzmaßnahmen auf ihre Effektivität
untersucht. Diese Maßnahmen umfaßten:
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Eine selektive Stillegung und Stabilisierung der von Bodenerosion besonders
betroffenen Tiefenlinien auf Ackerflächen. Die Stabilisierung dieser Bereiche
erfolgte unter Beachtung der Interessen des bewirtschaftenden Landwirts durch
eine Begrünung mit perennierenden Grasarten und einen zusätzlichen Einbau
von quer zum Gefälle und in Bearbeitungsrichtung verlaufenden Faschinen aus
verrottbarem Material (Kokosgewebe).
Begrünte Tiefenlinie (Photo: J. Baade)
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Die Anlage von Retentionsflächen am Ausgang kleiner ackerbaulich genutzter
Einzugsgebiete, auf denen das aus anderen Quellen, insbesondere der flächenhaften
Bodenerosion, stammende Material am Eintritt in das Gewässernetz gehindert wird.
Die Ergebnisse der Untersuchungen können wie folgt zusammengefaßt werden:
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Die Bodenerosion in Tiefenlinien läßt sich durch eine Begrünung und den Einbau
von Faschinen um bis zu 50% senken. Dazu müssen etwa 5% der Ackerfläche
stillgelegt werden. Entscheidend ist, daß es gelingt, in der Tiefenlinie eine
dichte, bodennahe Vegetation zu etablieren. Eine Überquerung der Tiefenlinie
mit landwirtschaftlichem Gerät ist bei relativ trockenem Boden ohne Probleme
möglich. Sie sollte aber bei durchnäßtem Boden weitgehend vermieden werden,
da sonst Schäden auftreten, die erst im folgenden Frühjahr behoben werden
können.
Überquerung der begrünten Tiefenlinie mit schwerem Gerät
(Photo: J. Baade)
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Die Retentionsfläche ist eine sehr effektive Maßnahme zum Gewässerschutz. In
dem hier untersuchten Beispiel konnten auf einer Fläche, die für ihre Anlage
weniger als 1,0% der Ackerfläche in ihrem Einzugsgebiet beansprucht, im Mittel
der drei Jahre über 60% der in diesem Einzugsgebiet mobilisierten Sedimente
zurückgehalten werden. Auch hier spielt eine bodennah gut ausgebildete
Vegetation eine entscheidende Rolle beim Herausfiltern des Sediments.
Hochwasserganglinie und Sedimentkonzentrationsganglinie
am Einlaß und Auslaß der Retentionsfläche am 21.7.1992 (Quelle: Baade 1994, 174)
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Die Wirksamkeit der Retentionsfläche, gemessen am prozentualen Sedimentrückhalt
(R), wird bei einem Ereignis fast vollständig vom Spitzenabfluß (Qmax)
bestimmt:
R = 116,7 - 8,628 ln Qmax
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Der Sedimentrückhalt auf dieser Retentionsfläche zeigt meßbare Auswirkungen
auf die Sedimentbelastung im Vorfluter. Diese kann durch eine gut plazierte
Retentionsfläche (am Ausgang eines überpropotional Sediment liefernden
Teileinzugsgebiets), die weniger als 0.1% der gesamten Ackerfläche im
Einzugsgebiet beansprucht, um etwa 10% gesenkt werden.
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Dagegen zeigt eine ungegliederte Retentionsfläche keine bemerkenswerten
Auswirkungen auf den Hochwasserablauf. Hier werden zukünftig Arbeiten
durchzuführen sein, die zeigen müssen, ob und wie mit kleinen Retentionsräumen
auch ein Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet werden kann.
Darüber hinaus wurde die Stellung der linearen Bodenerosion in Tiefenlinien
(Tiefenlinienerosion) im aktuellen Prozeßgeschehen untersucht. Diese Arbeiten
zeigen, daß im Untersuchungsgebiet Tiefenlinienerosion als Bodenabtragsprozeß
nicht vernachlässigt werden darf:
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Im Einzugsgebiet des Vorfluterpegels (Pegel 18) trägt Tiefenlinienerosion immerhin
mit etwa 20% zum Bodenabtrag, also zu den sog. on-site damages bei. Die
Schäden auf den Ackerflächen bleiben aber räumlich stark begrenzt. Deshalb
erscheint es wichtig darauf hinzuweisen, daß in dem genannten Raum etwa 35% der
Sedimentbelastung des Vorfluters auf diese Quellen zurückzuführen ist. Damit
erweist sich Tiefenlinienerosion als ein Prozeß, der überproportional an den
Fernwirkungen der Bodenerosion, den sog. off-site damages, beteiligt ist.
Vorfluterpegel bei einem Hochwasserereignis (Photo: J. Baade)
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In dem kleineren hier untersuchten Einzugsgebiet, dem EZG Langenzell, das bezogen
auf seinen Anteil an den Ackerflächen als überproportional Sediment liefernd
charakterisiert werden kann, spielt Tiefenlinienerosion für den Sedimentaustrag
offensichtlich eine noch größere Rolle. Hier ergaben die Berechnungen, daß bis zu
50% des Materials, das aus dem Einzugsgebiet ausgetragen wurde, auf
Tiefenlinienerosion zurückzuführen ist.
Da davon auszugehen ist, daß die sog. diffusen Quellen des Sediment-, Nährstoff-
und Agrochemikalieneintrags immer mehr zur Hauptbelastung werden, sollten
Maßnahmen, die den sehr spezifischen Bedingungen, unter denen Tiefenlinienerosion
auftritt, angepaßt sind, verstärkt untersucht und in der Praxis überprüft werden.
Des weiteren könnten die stillgelegten Bereiche auch in ein
Biotopvernetzungsprogramm aufgenommen werden, wobei hier aber zuvor die
Auswirkungen der Nährstoffbelastung durch den Sedimenteintrag auf diese Areale
und ihre Biotopfunktion zu überprüfen wären.
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